8. Januar 2017 | Allgemein | Thomas Kleber

Zwei Tage lang besuchten die Grissenbacher Sternsinger die Haushalte des Ortes, um für bedürtige Kinder zu sammeln. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: stolze 735 Euro klingelten am Ende in den Blechbüchsen. Die Sternsinger sagen allen Spendern ein herzliches „Vergelt’s Gott“ für die freundliche Aufnahme und die großzügige Spendenbereitschaft.

Mit der Aktion Sternsingen wird auch in Grissenbach altes Brauchtum fortgeführt. Das Sternsingen ist inspiriert von der biblischen Erzählung der Sterndeuter (Mt 2, 1-12) und hervorgegangen aus den vielfältigen Dreikönigsbräuchen, die auf die Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln im Jahr 1164 zurückgehen. Quellen nach haben Kloster- und Chorschüler an Bischofssitzen, Klöstern und Stiften zur Mitte des 16. Jahrhunderts den Brauch eingeführt. Mit Kronen, Weihrauchfass und Stern zogen die Sänger bereits vor 350 Jahren umher, trugen überlieferte Sprüche und Lieder vor und baten um Gaben. Die rege Wallfahrtspraxis zu den Reliquien hat sich niedergeschlagen in Bezeichnungen für Gasthäuser wie „Zum Stern“ oder „Zu den Drei Königen“. Aus den Drei Weisen wurden die „Heiligen Drei Könige“. Im Zusammenhang mit dieser Verehrung erfreuten sich Mysterienspiele zu den Drei Königen besonderer Beliebtheit. Aus dem Dreikönigsspiel hat sich das Sternsingen entwickelt. In seiner jetzigen Gestalt findet es jedes Jahr ununterbrochen seit 1959 statt. Der Brauch des Sternsingens hat sich in Deutschland bis heute zur weltweit größten Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder entwickelt, an dem sich aktuell 330.000 Mädchen und Jungen sowie ca. 90.000 Jugendliche und erwachsene Begleiter beteiligen.

Jedes Jahr um den 6. Januar (Dreikönigstag) ziehen überall in Deutschland Kinder und Jugendliche als Heilige Drei Könige gekleidet von Haus zu Haus. Sie singen traditionelle und neue Sternsingerlieder und bringen den Menschen den Segen für das neue Jahr. Dabei sammeln sie Spenden für Kinderhilfsprojekte weltweit. Die Zeichen „C+M+B“ – mit Kreide auf den Türrahmen geschrieben – erinnern an die Namen der Heiligen Drei Könige, Caspar, Melchior und Balthasar und gelten als Abkürzung für „Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus“.

Das Liedgut der Sternsinger ist regional unterschiedlich und wird von Generation zu Generation tradiert. Und die königlichen Gewänder sind dabei mehr als Verkleidung: Sie bringen die unveräußerliche Würde jedes einzelnen zum Ausdruck, wenn sich die Sternsinger für die Wahrung der Rechte ihrer Altersgenossen in anderen Kontinenten einsetzen. Die motivierende Mitte des Sternsingens ist die Freude der Kinder, die sie erfahren, wenn sie helfend für andere Kinder da sind.

Das Sternsingen wird vor Ort von katholischen Pfarreien und Gemeinden in Deutschland organisiert, seit vielen Jahren in ökumenischer Offenheit und mit der selbstverständlichen Teilnahme evangelischer Kinder und Jugendlicher. Die integrative Kraft des Sternsingens wird besonders deutlich an der ständig wachsenden Zahl von muslimischen und nicht-religiös gebundenen Jungen und Mädchen, die sich wegen des humanitär-karitativen Charakters der Aktion wie selbstverständlich von ihren Freunden zur Teilnahme bewegen lassen.

Wenn die Sternsinger jedes Jahr in Millionen Häuser und Wohnungen gehen, den Menschen dort den Segen für das neue Jahr bringen und für Kinder in Not sammeln, erreichen sie mit ihrer Botschaft des Friedens und der Gerechtigkeit viele, die ihnen religiös und weltanschaulich nicht nahestehen, für die aber das Erleben des lebendigen Sternsinger-Brauchtums eine Brücke für Frieden und Verständigung ist.

Träger des Sternsingens in Deutschland sind das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Sie stellen im Sinne der Traditionsvermittlung sicher, dass das Sternsingen seinen Charakter als lebendiges Brauchtum erhält und als besondere Form zivilgesellschaftlichen Engagements zukunftsfähig bleibt.

Weltweit rund 2.000 Kinderhilfsprojekte werden jährlich mit dem Sternsingen unterstützt. Seit dem Beginn des Sternsingens als Aktion Dreikönigssingen wurden rund 948 Millionen Euro gesammelt, fast 68.600 Projekte und Hilfsprogramme für Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa konnten unterstützt werden.

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